by Birgit Mosenheuerpublished in Spektrum der Homoöpathie 2/2010 |
Darmnosoden und GesundheitDarmnosoden und Gesundheit
Der britische Tierarzt John Saxton, ein sehr erfahrener Homöopath, beschreibt in diesem gut strukturierten und leicht verständlichen Buch das Thema Darmnosoden in seinem ganzen Umfang und erläutert anschaulich, welchen Stellenwert es in der homöopathischen Behandlung haben kann.
Im Jahr 1880 wurden erstmals bestimmte, nicht Laktose fermentierende Bakterien (sog. NLFD) in geringen Mengen aus Stuhlproben typhuskranker Menschen isoliert. Im frühen 20. Jahrhundert stellte der bekannte Arzt Dr. Edward Bach, der sich erst viel später den von ihm entdeckten Bach-Blüten-Mitteln zuwandte, fest, dass diese überwiegend aus Salmonellen und anderen Enterobakterien bestehenden Keime bei bestimmten Krankheiten in der Darmflora des Menschen nachweisbar sind und immer in Zusammenhang mit dem Auftreten chronischer Krankheiten stehen. Eine fundamentale Beobachtung der Forschergruppe um Bach, Wheeler und Patterson war, dass ihr Anteil an der Gesamtbakterienzahl im Darm massiv ansteigt, wenn es im Zuge einer erfolgreichen homöopathischen Therapie zu einer klinischen Besserung dieser Krankheit kommt, um dann langsam wieder abzunehmen. Wenn sie nicht mehr nachweisbar sind, ist die Heilung vollendet. Was stellen die NLFD nun dar – Auslöser der Krankheit oder Resultat der Heilung? Edward Bach hielt diese „intestinale Toxämie“ für einen Ausdruck der Psora, Patterson erkannte Zusammenhänge zwischen der Zunahme bestimmter nicht Laktose fermentierender Bakterien und dem Auftreten spezieller pathologischer Veränderungen, auch unter miasmatischen Aspekten. Ein weiterer Forscher, Dr. Dishington, sieht sie „nicht als die einzige Ursache für die Krankheit (an), sondern sie sind da, weil ein dynamischer Irrtum im Leben des Patienten vorliegt“ und sie „das Ergebnis einer vitalen Reaktion von Seiten der Körpergewebe“ sind (Patterson 1933), also ein Zeichen ihrer funktionierenden Abwehrmechanismen. Seit 1927 werden die NLFD auch in potenzierter Form als „Darmnosoden“ therapeutisch eingesetzt, zunächst vorwiegend am Glasgower Homöopathischen Krankenhaus in Schottland. Aufgrund einer großen Anzahl von Fallberichten werden durch präzise Beobachtungen der klinischen Symptome die Arzneimittelbilder der wesentlichen elf Darmnosoden Morgan Pure, Morgan Gaertner, Proteus, Mutabile, Gaertner Bach, Dysentery Co., Bacillus No.7, Faecalis, Sycotic Co., Bacillus No.10 und Coccal Co. erfasst, ohne dass je eine homöopathische Arzneimittelprüfung stattgefunden hätte. Im Zuge der Fallbehandlungen fällt den Forschern auf, dass bestimmte homöopathische Arzneien im positiven Heilungsverlauf immer das Auftreten spezieller NLFD nach sich ziehen und so Rückschlüsse zwischen bestimmten Bakterien und der Symptomatik des Falles einerseits zu bestimmten homöopathischen Arzneien („assozierte Arzneien“) andererseits ermöglichen. Hier liegt nun, und das schildert John Saxton anhand gut nachvollziehbarer Fallberichte aus der tier- und humanmedizinischen Praxis, die eigentliche Einsatzmöglichkeit der Darmnosoden in der heutigen Zeit: „Die positive Interaktion zwischen einer Darmnosode und einer Arznei ist mehr synergistisch und oft zeitgleich.“ Mit diesem Urteil des Autors ergeben sich verschiedene Vorgehensweisen in der Praxis. Zum Beispiel kann der Einsatz einer Arznei eine Besserung mit anhaltender Restsymptomatik trotz weiterer Arzneimittelgaben bewirken und die Stuhlprobe zeigt das Auftreten eines bestimmten NLFD. Hier könnte nun der Einsatz der zur Arznei passenden Darmnosode den Fall zur endgültigen Heilung bringen. Im Anhang des Buches sind alle Nosoden mit den zugehörigen assozierten Arzneien aufgeführt. In einem anderen Fall ist die Symptomatik unklar, weist aber auf ein bestimmtes Miasma hin. Neben der Nosode dieses Miasmas stellt auch die passende Darmnosode eine Möglichkeit dar, den Fall zu eröffnen und vielleicht selbst zu heilen. Oft wird aber auch das Symptomenbild klarer und es kann dann aus der Gruppe der mit ihr assozierten Arzneien das passende Simile gewählt werden. Auch bei Tieren, dies zeigt sich in der praktischen Anwendung, wirken die Darmnosoden in nahezu gleichem Umfang wie beim Menschen. Der Hauptteil des Werks ist den Arzneimittelbildern der einzelnen Darmnosoden gewidmet, mit einer verständlichen und prägnanten Beschreibung, jeweils mit einem Beispielfall aus der Tier- und Humanmedizin zum praktischen Verständnis. Das Buch bietet zudem sehr detaillierte Angaben zu Potenzwahl und Gabenhäufigkeit und stellt somit für den Praktiker eine hervorragende Hilfe bei der Fallbearbeitung dar. Aus meiner Sicht bietet John Saxtons Buch über die Darmnosoden eine Fülle an Information zu einem sehr günstigen Preis in einem knappen, gut lesbaren Umfang und sollte in keiner homöopathischen Praxis fehlen. |